Wenn Graz regelmäßig im Verkehr erstickt, wie es die letzten Tage der Fall war, werden sich Investoren auch zweimal überlegen, sich in so einer Stadt niederzulassen, wo die Infrastruktur des Öffentlichen Verkehrs in den 1970er Jahren steckengeblieben ist. Mehrere Studien, die von der Stadt in Auftrag gegeben wurden, haben ergeben, dass für Graz ausschließlich der Ausbau des Straßenbahnnetzes zielführend ist und kein anderes Verkehrssystem sinnvoll ist. Trotzdem träumen manche Politiker und Holding-Verantwortliche von einer Seilbahn als adäquates Mittel, dem angeschlagenen ÖV in Graz auf die Sprünge zu helfen. Die Durchpeitschung des Speicherkanals könnte auch durchaus als Grundsteinlegung für den Bau der Fundamente für die Gondelsteher dienen. Graz hätte mit einer Murgondel durchaus eine interessante nagelneue Touristenattraktion, die aber niemals ein gut ausgebautes Straßenbahnnetz ersetzen könnte.
Mehrere Buslinien in Graz sind an der Grenze ihrer Kapazität angekommen und sollten nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Sicht schon seit Jahren auf Straßenbahn umgestellt sein. Die zahlreichen neuen Siedlungen, vor allem im Südwesten der Stadt, tragen auch nicht zur Entspannung der Situation bei. Gelenkbusse mit einem Takt von unter 5 Minuten würden langfristig nicht ausreichend sein, um eine bedarfsgerechte Frequenz zur Verfügung stellen zu können. Hier bedarf es neuer Straßenbahnlinien mit zeitgemäßen 40-Meter Straßenbahnen, die eine ausreichende Kapazität und Laufruhe aufweisen sowie auf baulich abgetrennten Trassen mit attraktiven Fahrzeiten verkehren können. Elektrobusse, die ja aufgrund des in Kürze startenden Probebetriebes so hochgelobt werden, sind als Ersatz für Dieselbusse zu begrüßen, allerdings stellen E-Busse niemals einen geeigneten Ersatz für eine Straßenbahnlinie dar. All das scheint bei den derzeit „regierenden“ Parteien ÖVP, FPÖ und SPÖ zwar grundsätzlich bekannt zu sein und man gibt auch vor „Pro Bim“ eingestellt zu sein, bei näherer Betrachtung merkt man aber, dass dann doch im Ernstfall pro MIV und Contra Bim entschieden wird.Es wird Zeit, dass Graz endlich eine Regierung bekommt, die die Beine für den ÖV in die Hand nimmt und die Versäumnisse der letzten 50 Jahre aufholt: Die Kurz-Straßenbahnausbauten nach Eggenberg/UKH, Puntigam und zur MED- Uni sind neben des vom Spar Konzern initierten Ausbaus der Linie 4 zum Murpark nur ein Tröpfchen auf den heißen Stein und das jahrzehntelange Ringen um die Straßenbahnlinie 6 führte auch zu einer viel zu späten Inbetriebnahme der Straßenbahn. Alles in allem wird es Zeit, sich an Linz zu orientieren und endlich zu handeln.Betriebliche Dinge, wie endlich eine gescheite Fahrgastinformation oder zB ein WLAN in den Fahrzeugen zu bekommen steht auf einem anderen Blatt.