Bei den genannten Impfstoffen ist halt der Unterschied, dass sie über Jahre getestet und verbessert wurden und Nebenwirkungen etc. bekannt sind. In so einem Fall ist gegen eine Impfpflicht in gewissen Fällen nichts einzuwenden.
Aber das ist bei den Corona Impfstoffen leider (noch) nicht der Fall. Das ist ein Impfstoff, der im Schnellverfahren zugelassen wurde und auch von der EU nur mit der Auflage zugelassen wurde, dass in den nächsten Monaten noch Daten nachgeliefert werden.
Nun, ich als Molekularbiologe, der zwar kein Mediziner ist, aber mit dem Werkzeug der Entwicklung sowie den Wirkungsweise von Impfstoffen durchaus vertraut ist, habe absolut keinen Vorbehalt gegen eine Impfung. Zu den (ohne Hintergründen durchaus berechtigten) Zweifeln an der Sicherheit sei gesagt:
1) nicht jeder Impfstoff ist gleich, da gibt es unterschiedliche Wirkweisen, und somit auch unterschiedliche Risiken. Die ersten Impfstoffe bloß geschwächte oder stark verdünnte Krankheitserreger, mit dem Problem, dass man seinerzeit nicht immer die richtige Dosis beim Abschwächen des Erregers erwischt hat und auch quasi noch nichts über das Immunsystem wusste. Hier kam es immer wieder mal auch zu unbeabsichtigten Krankheitsausbrüchen in Folge der Impfung. Heutzutage werden Impfstoffe meist gentechisch erstellt, es werden entweder harmlose Trägererreger (Bakterien oder Viren) verwendet, in die die Information (also das Gen für des entsprechende Spike-Protein, gegen das der Antikörper reagieren soll) eingebaut wird, oder überhaupt das entsprechende Protein geimpft. Die neuen RNA-Impfstoffe gehen diesen Weg nur noch konsequent weiter und vereinfachen die Entwicklung und Produktion weiter.
2) Die im RNA-Impfstoff gespritzte mRNA ist instabil (soll sie auch sein, ist Teil der Regulationsmechanismen im Körper), einige Stunden nach der Impfung ist sie nicht mehr da, kann sie auch nicht sein. Dann sind nur mehr die Proteine da, gegen die Antikörper gebildet werden sollen - und auch diese werden nach und nach abgebaut. Daraus kann an sich kein Langzeitschaden entstehen, jedenfalls aber keinesfalls mehr als bei einer (auch unbemerkten, milden) Infektion entstehen würde. Problematischer an der mRNA-Impfung ist eher die richtige Dosierung, da die Menge der Proteinbildung dann spezifisch ausfallen kann. Insoferne lässt es sich nicht so gut dosieren, heftigere Immunreaktionen mit Fieber, Schmerz- und Unwohlfühlen sowie entzündlichen Reaktionen sind für einige Stunden nach der Impfung möglich (was aber an sich auch nicht schlecht ist, zeigt es doch bloß an, dass das Immunsystem stark auf die Impfung anspricht).
3) Warum wurde der Impfstoff so rasch entwickelt und zugelassen? Nun, der Vorteil war, dass man hier nicht bei 0 angefangen hat. Man kannte die DNA-Sequenz vollständig, da an dem Virus ja auch geforscht wurde. Weiters hat man schon Erfahrungen mit anderen Coronaviren gesammelt und konnte auf dieses Wissen zurück greifen (quasi wie ein Mordfall, wo man schon von Beginn an einen geständigen Täter sowie ein psychiatrisches Gutachten hat). Weiters wurde weltweit alle Anstrengung unternommen, hier Impfstoffe zu entwickeln. Es gab nahezu unlimitierte Geldmittel für die Entwicklung, und die einzelnen Forschungsgruppen tauschten ihre Ergebnisse untereinander aus - so hatte zwar jeder seinen eigenen Ansatz (eben z.B. mRNA-Impfstoff, oder der Oxford-Impfstoff mit einem Hilfs-Virus), aber alle griffen immer wieder auf die selben Daten, Testergebnisse, Studien etc. zurück. Somit konnte in kürzerer Zeit viel breiter untersucht und getestet werden.
Und, zu guter Letzt - auch hier geht die digitale Entwicklung nicht spurlos vorüber - heutzutage können Rechenzentren Millionen von potentiellen Medikamenten, Impfstoffen etc. vorab berechnen und deren Wirkung simulieren - so kann man vorab schon viele Möglichkeiten ausschließen, in die früher Monate, wenn nicht sogar Jahre an Entwicklungsarbeit investiert wurden.
Das wäre so, wie wenn eine kosmische Bedrohung lauern würde und Europa, die USA, China, Indien und Russland ihre gesamte Rüstungs- und Raumfahrtindustrie bei unbeschränktem Budgetrahmen etwas entwickeln lassen würde - es wäre jedenfalls rascher geschehen als so mancher sich vorstellen kann...
Zu guter Letzt noch zu den ausstehenden Studien, die nachgereicht werden müssen: diese betreffen weniger mögliche Langzeitfolgen als vielmehr Studien z.B. zur Andauer der Schutzwirkung. Hier konnte man noch keine Erfahrungen sammeln, aber genau diese sind für einen anhaltenden Schutz wichtig.
4) letztlich ist es ein Abwiegen von Risiken - wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, an der Krankheit zu sterben? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für einen ernstzunehmenden Verlauf? Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit auf ernste Komplikationen beim bzw. Infolge Impfen? Und hier geht die Entscheidung eigentlich klar pro Impfung aus.
Irgendwie erinnert mich die Diskussion ja auch an die Einführung der Gurtenpflicht, da gab es auch einige Fundamental-Verweigerer, weil, der Gurt schränkt die Bewegung ein, bei einem Unfall kann man sich damit verletzen, man kann nicht so schnell flüchten, kann im Auto gefangen sein, etc etc etc.
Ja, alle diese Einwände waren durchaus berechtigt, aber eben nicht verhältnismäßig, weil, im Falle des Falles hat sich gezeigt, dass der Gut viel mehr bringt als schadet. Und, um der Argumentation von Sucharit Bhakdi übertragen zu folgen: der Gurt bietet keine 100% Sicherheit, er ist kein Allheilmittel - das ist korrekt. Dennoch würde ich nicht darauf verzichten!