Re: Variobahn Graz
Antwort #58 –
Grundsätzlich wäre es Wert angesichts dieser Investion - ob sie letztlich unter oder über 100 Mio. Euro ausmacht ist da letztlich egal - einmal den Umgang der Stadtwerke/Graz AG/GVB mit dem ihm anvertrauten Vermögen anzusprechen. Offensichtlich hat man sich bei der Entscheidung für dieses Fahrzeug (auch bei der nicht unwesentlchen Entscheidung, dass es erstmals ein 2,30 m breites Fahrzeug sein wird mit all den Folgen) keinerlei Gedanken über die Folgen gemacht. Zunächst ist man dann wohl nach einer "Schrecksekunde" draufgekommen, dass die Variobahn technisch faktisch dem Cityrunner I (der ja nur in Graz fährt!) mit all seinen Problemen gleicht. Das hat man ja vorher nicht wissen können. Dann hat man sich erstmal Gedanken gemacht, wie den die Innenausstattung dieses Fahrzeugs aussehen soll - als ob nicht gerade auch dieser Punkt ein wesentliches Entscheidungskriterien sein sollte (aber von Flotten- und Einsatzplanung gibt es bei den GVB ja weit und breit nix zu sehen) - und jetzt präsentiert man plötzlich einen "Silberpfeil" (weil das die Bogestra in Bochum ja auch so macht - war die Frau Stadtrat etwa schon dort?) mit zwei - Entschuldigung - leicht überdimensionierten Mehrzweckabteilung und einer Stehplatz-Bim. Es gibt die alte Regel (vielleicht "gilt" die aber nicht mehr, weil sie halt "alt" ist), die besagt, dass ca. 1/3 des Fassungsvermögens aus Sitzplätzen und 2/3 aus Stehplätzen bestehen sollte. Das wäre bei ca. 160 Personen Fassungsvermögen (wie wurde denn bitte diese Größe berechnet, wenn man zu diesem Zeitpunkt noch gar über die Innenausstattung Bescheid wusste?) etwas mehr als 50 Sitzplätze (und nicht 37 inkl. aller möglchen und unmöglichen Klappsitze). Ich lehne ein solches Fahrzeug grundweg ab. Wir haben doch in Graz einige Außenstrecken (Mariatrost, Wetzelsdorf, Andritz), die die Innenstadt erst nach gut 15minütiger Fahrt erreichen, da wären schon ein paar mehr Sitzplätze angebracht. Außerdem wird es - so dies so bleibt, woran ich keinerlei Zweifel hege - natürlich bei der Inbetriebnahme wieder zu Diskussionen und Protesten (zurecht!) kommen und dann ganz hektisch zu "Schönheitsoperationen" kommen (weil alle Entscheider dann umfallen werden, sofern dann sie dann überhaupt noch was zu entscheiden haben).
Apropos "Schönheitsoperation": Man würde ja jetzt meinen, dass diese Innenraumkonfiguration auch für die anderen Niederflurtype (den Cityrunner I) anwenden wird (immerhin wird man ja die Fahrzeuge irgendwann einmal im Mischbetrieb einsetzen, oder?). Mitnichten. Weil das angeblich nicht geht, weil das die gesamte Konstruktion aus dem Gleichgewicht bringen würde. Ja, dann würde ich vorschlagen die Cityrunner einfach an den Hersteller zurückzuschicken (sie sind eh noch nicht endgültig abgenommen), das ausgegebene Geld einzukassieren und 20 zusätzliche Variobahnen zu beschaffen (dann wäre hier zumindest ein "Konzept" zu erkennen). Oder wird hier wieder einmal der Öffentlchkeit ein Bär aufgebunden. Bei der Cityrunner-Bestellung haben mehr oder weniger einflussreiche Kreise versucht, den GVB klarzumachen, dass eine Temperaturabsenkungs- oder Klimaanlage für das Fahrzeug unumgänglich ist (immerhin bei einer Investion, die so ca. 35 Jahre durch Graz fahren wird, eine nicht ganz unwesentliche Entscheidung), dass mit dem simplen Argument abgetan würde, dass die Fahrzeuge dann für die Hauptbrücke zu schwer wären (bei der Variobahn geht das aber plötzlich). Aufgrund dieser weitsichtigen Entscheidung schwitzen wird halt schön im Cityrunner ...
Ähnliches gilt auch für die Anschaffung des RBL. Abgesehen davon, dass man sich bei der Auswahl der Anzeigen an den Haltestellen 0 (in Worten: null) Gedanken über der Funktionalität gemacht hat (Laufschrift, Scrolling etc.) ist das ganze ja ein Schönwetter-Anlage um schlappe 9 Mio. Euro. Weil: Wenn es einmal Störungen oder Umleitung oder sonstiges gibt, gibt das zweitbeste RBL der Welt leider seinen Geist auf, weil dafür schlichtweg unbrauchbar ist. Und jetzt knappe 5 Jahre nach der Einführung hat man halt wie ein kleines Kind ein paar Wochen nach Weihnachten die Freude an dem Spielzeug verloren. Es hat den Anschein, dass sich niemand mehr darum kümmert bzw. die dafür verantwortliche Person nicht mehr damit beschäftigen kann und auf die nicht funktionierende Technik flucht (tja, andere Betrieb schreiben halt richtig aus und haben eher ihre Freude an solchen Leitsystemen, ebenso wie deren Fahrgäste).
W.
"Es gehört nicht zum Begriff der Demokratie, dass sie selbst die Voraussetzungen für ihre Beseitigung schafft. Man muss auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen"
(Carlo Schmid, SPD, 1948)