Danke für die genau Erläuterung.
Das mit dem Photochemischem Smog muss ich nochmal genauer anschauen. Verstehe ich das richtig, dass also die Messung von PM10-Partikeln noch nicht wirklich etwas darüber aussagt ob das nun Partikel sind, die für den Körper schlecht oder unbedeutend sind?
Nein, das ist ein bisschen anders. Vielleicht habe ich mit diesem Exkurs mehr verwirrt, als geholfen.
Photochemischer SmogPhotochemischer Smog entsteht durch (1.) Ausdünstungen von Pflanzen oder bestimmten Gasen (z.B. Formaldehyd, CH
4, CO) und (2.) NO
x. Sein gesundheitsrelevantester Bestandteil ist Ozon (O
3).
Das Problem ist nun, dass manche Ausdünstungen von Pflanzen gleichzeitig auch Feinstaub sind. Dieser kann, aber muss nicht per se schädlich sein, aber kann eben zu diesem Photochemischen Smog beitragen.
Ein Beispiel, das doppelt schädlich ist: Formaldehyd wäre schon von sich aus schädlich, aber kann zusätzlich noch Ozon begünstigen (= sozusagen doppelt schädlich).
PM10Ganz streng genommen ist eine PM
10-Messung komplett entkoppelt von der Gesundheitsgefahr, da hast Du vollkommen recht. Man könnte hohe Mengen PM
10 messen, die komplett problemlos sind. ABER: Dieser Standard ist so definiert, dass er möglichst die gesundheitsrelevanten Partikel berücksichtigt. Also ist es eine Näherung, die man durch lange Tests so festgelegt hat, dass sie doch Aussagen über die Gesundheitsgefahr tätigen kann.
Wichtig: Photochemischer Smog und PM
10 sind nicht zwangsläufig verbunden und Du hattest das in mehr oder weniger einem Atemzug erwähnt; deshalb erkläre ich das nochmal ausführlicher:
> Genauere Definition von PM
10, zusätzlich zu dem, was ich oben schon benannt habe:
Man weiß zum Beispiel, dass die meisten problematische Stoffe im Bereich von etwa 6 μm liegen. Entsprechend wird PM
10 gewichtet, so dass die 6 μm großen Partikel den finalen Wert am meisten nach oben treiben und ein Partikel mit z.B. 9 μm nicht so stark ins Gewicht fällt. Natürlich gibt es nun auch einen Partikel mit 6 μm, der unschädlich ist und einen mit 9 μm, der schädlich ist, aber Messungen haben eben gezeigt, dass typischerweise bei 6 μm die meisten Problemstoffe liegen (vor allem in Städten).
Das ist nicht so leicht für nicht-Physiker/-techniker. Ich zeige es dennoch mal: Oben die Gewichtungsfunktion und unten der Beitrag für den Gesamtwert. Man sieht unten, dass der höchste Ausschlag der PM
10-Kurve bei 5-6 μm liegt (logarithmischer Plot; tut mir Leid, wenn das verwirrt). Beim PM
2.5 ist es ein ähnliches Spiel: Hier sind die schädlichen Partikel am häufigsten etwa 0.7 μm groß, entsprechend hat die Kurve dort den höchsten Ausschlag.
(2011,
Sugimoto et al.)
Das heißt, der Standard PM
10 ist so designed, dass er möglichst gute Aussagen über die Gesundheitsgefahr geben sollte. Also bitte nicht sagen, dass eine Messung von PM
10 nichts mit Gesundheitsgefahr zu tun hat; es ist eine verdammt gut Näherung. Oder anders gesagt: Wenn ich viel PM
10 messe, dann sollte ich UNBEDINGT nachprüfen, ob das gefährlich für unsere Gesundheit ist - denn hohe PM
10-Werte von unschädlichen Stoffen zu bekommen ist verdammt unwahrscheinlich.
>>> Für den normalen Gebrauch: Ja, hohes PM
10 ist erstmal nicht gut für unsere Gesundheit! Das sollte man glauben. <<<
ABER: Du hattest mich nach einem Vergleich verschiedener Städte gefragt. Im Detail kann es jetzt so sein, dass in Stadt A 25 μg/m
3 gemessen werden und in Stadt B 27 μg/m
3, aber die Gesundheitsgefahr eigentlich gleich hoch ist, weil die Zusammensetzung eine andere ist. Ich würde mich aber niemals trauen zu behaupten, dass in Stadt A oder B überhaupt keine Gesundheitsgefahr herrscht: Das wäre extrem(!) unwahrscheinlich und einfach unhaltbar, im Zweifel sogar unverantwortlich.
Was ich auch sehe ist, dass sich die Lage in Graz in den letzten 15 Jahren verbessert hat, obwohl der Autoverkehr zugenommen haben dürfte. Durch welche Maßnahmen wurde das dann eigentlich erreicht?
Der PM-Rückgang ist vor allem eine Frage des Hausbrandes, also von Ruß und Co. - Schau mal im vorherigen Beitrag meine letzte Überschrift an, da geht es vor allem um genau diese Frage; eine lange Ausarbeitung bzgl. der konkreten Maßnahmen in Graz.
Aber hier zur Hilfe noch ein paar Stichworte: Fernwärme, Ölheizungen, Kraftwerke, ...
Partikelfilter und bessere Verbrennungsqualität vor allem von Dieselfahrzeugen, aber auch Industriefilteranlagen sind hier auch beteiligt. Die Partikelfilter, die fast jeder Dieselfahrer so hasst, haben in Europa extrem geholfen.
Zu NOx: Ich kann mich ja noch an Zeiten vor dem ganzen Feinstaub- und Klimawandel-Hype erinnern, da hat man ja trotzdem von den schädlichen Autoabgasen gesprochen. Muss dann wohl um NOx gegangen, das danach in den Diskussionen völlig untergegnagen ist.
Als erstes mal von Kohlenstoffmonoxid CO in der Katalysator-Diskussion. Genau, dann NO
x. Dieses NO
x hat vor allem mit unserer Gesundheit zu tun, weniger mit Klima. NO und NO
2, das wird unter NO
x zusammengefasst, sind beide per se gesundheitsschädlich und außerdem Beiträge zum photochemischen Smog, der dann wieder gesundheitsschädlich ist. NO
x entsteht bei jeder Art von Verbrennung als Nebenprodukt, auch beim Grillen, bei der Weihnachtskerze und beim Heizen (also natürlich beim Heizen mit Gas/Öl/Holz/Kohle, nicht mit Strom - aber wir verstehen uns sicher).
Also: NO
x: Wenig klimarelevant, sehr relevant für unsere Lebenserwartung.
Generell bestätigt ja der eine Link die Trends in Osteuropa und der Po-Ebene. Habe dazu mal die aktuelle Karte angehängt, da ist die Lage in der Po-Ebene wieder schlechter. Auch ist also Graz zumindest nicht die "Feinstaubhochburg Europas". Das wie gesagt nicht, dass man das Problem verharmlosen sollte, aber die typisch österreichische Einstellung sich mit Superlativen möglichst schlecht zu machen kann ich eben auch nicht teilen.
Die Karte ist glaube ich nicht dabei.
Ja, die Po-Ebene ist auch dafür bekannt und Osteuropa... man sieht es aber auch an der Lebenserwartung. Ich bin vollkommen Deiner Meinung aber gebe zu bedenken, dass eben die Grazer Luftqualität extrem schwankt. An einzelnen Tagen wirst Du Graz eindeutig als Hochburg ausmachen.
Ein Punkt, der noch interessant wäre, wäre die Frage der Mess-Standorte. Sind die vergleichbar? Stellen andere Länder ihre Messtationen auch in verkehrsbelastete Gebiete und Einzugsstraßen? In Graz gibt es nur einen einzigen Standort (Quelle) auf der linken Murseite und der ist beim St. Peter Schulzentrum in der Nähe. Von OK-Lab-Projekt sehe ich zumindest dass bei schlechteren Wettersituationen Andritz und das restliche St. Peter zwar auch belastet werden, in Mariatrost hingegen bleibt's trotzdem öfter grün.
Dazu möchte ich mich fast enthalten... sagen wir es mal so: Die Umweltbehörden versuchen immer, die schlimmsten Stellen mit zu kontrollieren und bestimmte Politiker versuchen immer, die Messstellen auf einen abgelegenen Berg ins Grüne zu verbannen (was mich dabei übrigens aufregt: Das geht ja auf unsere Gesundheit, denn wo bitte stehen wir im Stau? Im Grünen? Den Gedankenbogen verfolgen leider viel zu wenige Leute.)
Mir fällt dazu der Dieselverbotsstreifen in Bremen(?) ein... extra3 hat dazu berichtet. Gibt es auf Youtube.
Ich sage es nur soweit, bevor ich mich darüber zu sehr ärger: Die EU-Messwerte sind so ausgerichtet, dass man sie überall einhalten sollte, wo sich Menschen aufhalten. Das ist entscheidend.
Wie Du siehst, triffst Du damit einen wunden Punkt
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Ich hoffe, ich konnte helfen. Auch hier wieder: Gerne weiter fragen, falls gewünscht. Nur Nachbohren bringt einen weiter.
Und guten Rutsch schon mal an alle